Mittwoch, 19. August 2009

Durch scharfe Sachen aufgepeppte Gewöhnlichkeit

Eigentlich bin ich nicht unbedingt das, was der Münchner einen "Grantler" nennt, einen ewigen Brummler, der an seinen Mitmenschen herumnörgelt. Dazu fehlt mir die Amputation des Humanisten-Gens. Aber manchmal platzt mir einfach der Kragen, auch wegen absoluter Kleinigkeiten: Gestern war ich wieder mit Kind und Kegel und Schwiegermutter unterwegs gewesen, was sich darin erschöpfte, dass ich das ermattete und übermüdete Töchterchen von fünf Monaten mit viel Heiapopeitschi, Alle meine Entchen und dem Bibabutzemann über den Rotkreuzplatz trug, damit sie endlich einschlief. All das, um Gattin wie Schwiegermutter einen ruhigen Einkauf in der nahegelegenen Galeria Kaufhof zu ermöglichen. Was allerdings nach erfolgreichen Ständchen der kindlichen Art in der nahen Lieblingseisdiele folgte, hat mich mal wieder argst hyperventilieren lassen:

"Schoko, bitte."
"Mit schwarzem Pfeffer oder mit Chili?"
"Wie bitte?"
Kurz darauf:
"Ananas, bitte."
"Ist aber mit Chili."
"Nein, Ananas pur, bitte."
"Haben wir nicht."
"Ist in Kiwi auch irgendein Zeug, das da nicht reingehört?"
"Nein."
"Bitte eine Kugel Kiwi."

Zur Ehrenrettung meiner Lieblingseisdiele: Sie haben auch Sorten, wo geile Sachen drin sind, z.B. Pinienkern-Karamell oder Mohn. Was mir aber gegen den Strich geht, ist in letzter Zeit diese Manie, in so ziemlich alles irgendein Gewürz reinzuschütten, Hauptsache es ist grenzwertig und abartig und ist etwas, was man eher mit Bolognese, Thüringer Klößen oder Борщ assoziiert. Überall wird einem hoffnungslos überteuerte Schokolade in Designerdekopapier angeboten, wo Pfeffer, Chili, Rosmarin, Lavendel, Thymian oder sonst irgendein Kraut eingegossen ist. Grenzübertretungen empfinde ich grundsätzlich als vital für menschliches wie unmenschliches Fortkommen, aber bei dem Ganzen ist mir doch zu viel Mode dabei. Ganz gemein ist, dass bei den letzten Feierlichkeiten wie Geburtstag oder Weihnachten mindestens ein Geschenk mit solch einer Geschmacksverirrung dabei war, da muss ich mir den Vomitierstoff nicht auch noch im Alltag geben.

Ich kann genau benennen, wann diese Besessenheit angefangen hat: Seit diesem unseligen Johnny-Depp-Film meinen die Schokopanscher, jedes Gewächs in die Kakaomasse rühren zu müssen. Wenn es dann teuer genug verkauft wird, meinen Käufer wahrscheinlich, dass dies eine Delikatesse darstellt. Diese Second-Hand-Romantiker denken wohl auch, Schenken würde sinnlicher, wenn man so einem Mist präsentiert. Und jetzt schlussendlich für alle zum Mitschreiben: Wenn ich Schokolade mag, dann nur in folgenden Variationen:
  • Möglichst hoher Fettanteil wie in Nougat oder Milchschokolade (weniger als 30 Prozent Kakaoanteil!)
  • Möglichst hoher Kakaoanteil (höher als 80 Prozent, z.B. die 99% von Lindt.
Zwischen beiden Extremen geht gar nix, und schon gar nicht mit Beimengung von Soßenkuchen oder sonstigem Schnickschnack.

Frage an die Gemeinde: Bin ich jetzt zu unversöhnlich Entweder oder Oder? Oder gibt es tatsächlich jemanden, der sich an so einem Zeug erfreut?

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