Heute lag ein Schreiben der Landeshauptstadt in meinem Briefkasten. Die Wahlunterlagen zum Bürgerentscheid gegen die dritte Start- und Landebahn am Flughafen München waren darin enthalten. Ich schreibe bewusst "gegen die dritte Start- und Landebahn am Flughafen München", denn irgendwie hatte ich beim Öffnen und Lesen des Schreibens meines Oberbürgermeisters nicht den Eindruck, "für die dritte Start- und Landebahn am Flughafen München" sein zu wollen. Das lag an der Art und Weise, wie die Fragen zu den Bürgerentscheiden gestellt wurden.
Ich zitiere:
Bürgerentscheid 1:
Ratsbegehren "3. Start- und Landebahn am Flughafen München"
Sind Sie dafür, dass die Stadt München in den zuständigen Gremien der Flughafen München GmbH - ohne sich an den den Kosten zu beteiligen - dem Projekt einer 3. Start- und Landebahn am Flughafen München zustimmt?
Bürgerentscheid 2:
"Bürgerbegehren zur Verhinderung der 3. Startbahn"
Stimmen Sie dafür, dass die Landeshauptstadt München alle ihre Möglichkeiten als Gesellschafterin der Flughafen München GmbH nutzt, um den Bau einer 3. Start- und Landebahn des Verkehrsflughafens München zu verhindern und dass die Landeshauptstadt München insbesondere in der Gesellschafterversammlung der Flughafen München GmbH keinem Beschluss zum Bau einer 3. Start- und Landebahn zustimmt?
Stichfrage:
Falls beide Bürgerentscheide jeweils mehrheitlich mit Ja oder mit Nein beantwortet werden und deshalb die Abstimmungsergebnisse nicht miteinander zu vereinbaren sind: Welche Entscheidung soll dann gelten?
Zitat Ende.
Ich weiß nicht, wie es anderen ging, als sie das Schreiben zu den Bürgerentscheiden für und gegen die dritte Start- und Landebahn am Flughafen München in Händen hielten. Mich hatte die verwinkelte Fragerei misstrauisch gemacht, und nachdem ich nach einem langen Arbeitstag nicht mehr alle Verständnissynapsen beieinander hatte und erst nach zweimaligem Lesen langsam eine Idee davon bekam, was für ein ausgschamts Fragespiel sich der Verfasser ausgedacht hatte, da wurde ich doch etwas ärgerlich: Wer dagegen ist, muss mit "Ja" antworten!
Bürgerentscheid zur dritten Start- und Landebahn am Flughafen München am Ex-Feiertag!
Nun dürfte der 17. Juni (war das nicht mal der Tag der deutschen Einheit? Ich erinnere mich dunkel, dass wir an diesem Datum feiern durften, als es noch einen anderen deutschen Staat gab, der sich zwar nicht die Mühe machte, so dumme Fragen wie für oder gegen die dritte Start- und Landebahn am Flughafen München zu stellen und lieber fraglos vor sich hintyrannisierte) möglicherweise ein von schönem Wetter bestimmter Tag werden. Hinzu kommt, dass am gleichen Tag ein Gruppenspiel der deutschen Fußballnationalmannschaft im polnischen Lemberg im Rahmen der Fußballeuropameisterschaft 2012 ansteht.
Dritte Start- und Landebahn am Flughafen München wegen niedriger Wahlbeteiligung?
Fazit für mich: Hier spekuliert jemand auf niedrige Wahlbeteiligung und möglichst viele ungültig oder unwissentlich falsch abgegebene Entscheidungen der Münchner Bürger. Fußballisierte Biernasen werden der Abstimmung sowieso fernbleiben, und wenn sie sich doch noch ins Wahllokal statt ins Bierlokal verirren, werden sie garantiert mit dem Verständnis der Fragen für oder gegen die dritte Start- und Landebahn am Flughafen München ihre liebe Mühe und Not haben (aber vielleicht führen ja die Damen und Herren Wahlhelfer wie im Altenheim den Bleistift bei der Kreuzchenvergabe?!)
Keinesfalls möchte ich den Eindruck erwecken, Politik sei zum einfacheren allgemeinen Verständnis in ein einfach zu durchblickendes Schema zu pressen und erwarte nun, dass alle Entscheidungen schwarzweiß in mythischer Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse ausgefochten werden, als ob es nur Himmel und Hölle, Traum und Trauma, München oder Chelsea, Rot oder Blau oder sonstige Gegensatzpaare gäbe. Ich kann auch mit Grautönen leben, Extreme halte ich nur in der Kunst für förderlich.
Nein, keineswegs, ich kann auch den Kompliziertheiten eines Rebusrätsels, eines Labyrinths oder eines Sudokus einigen Charme abgewinnen.
Die Art und Weise der Fragestellung hat mir nur die Zornesröte ins Gesicht getrieben und mich veranlasst, mal wieder ein längeres Geschwurbel von mir zu geben. Es geht mir nicht um die dritte Start- und Landebahn am Flughafen München. Oder die vierte. Oder fünfte. Es geht einfach darum, dass der Herr Oberbürgermeister wie ein windiger Versicherungsvertreter den Fuß in die Tür drückt, in aller Eile die Optionen abklappert, einer Ablehnung ein Ja voraussetzt und sich dann auch nicht entblödet, eine weitere Frage zur Entwertung einer etwaigen Ablehnung zur Bedingung für die Gültigkeit des Ganzen zu erheben.
Pfui! Das Schreiben war ein kafkaeskes Stück Bürokratie, und allein die Art und Weise der Fragestellung verdient die Höchststrafe: Nein. Also einmal Ja gegen die dritte Start- und Landebahn am Flughafen München. Schon allein das wird mich bestimmt wieder an das frühere Feeling des 17. Juni erinnern. Wahllokal, ich komme!
Hier ein Link, wie ich den Stimmzettel die dritte Start- und Landebahn am Flughafen München ausfüllen werde.